Wenn die Kasse stimmt, verzichtet der Nabu auf Klagen

Der Titel des größten Bremsers und Profiteurs unter den Umweltverbänden gebührt 2012 dem Landesverband Hessen des Naturschutzbundes (Nabu). Zweifelhaften Ruhm im Bemühen um die Energiewende erlangte er seit 2011 mit Klagen gegen den behördlich genehmigten Windpark „Helpershain-Meiches“ in Lautertal/Ulrichstein.

Als fünf von sieben Windenergieanlagen (WEA) per Eilbeschluss des Verwaltungsgerichtshofes im Mai 2012 vorläufig stillgelegt werden mussten, drohte einigen Investoren die Privatinsolvenz. Immerhin drei WEA sind als Ulrichsteiner Bürgerwind-Projekte nicht nur von einer breiten Akzeptanz, sondern auch von einer direkten Beteiligung von Privatleuten der Region getragen.

Als selbsternannter Anwalt der Natur trieb der Nabu-Landesverband seine Einwände bis zum Verwaltungsgerichtshof. Viele wurden kassiert, übrig blieben einige naturschutzfachliche und raumordnerische (!) Belange. Ganz so wichtig war dem Nabu sein Einsatz für den vermeintlich gefährdeten Rotmilan sowie eine Entscheidung darüber in der Hauptsache dann offenbar nicht.

Bei 500 000 Euro wird der Landesverband schwach

Denn gegen eine Zahlung von 500 000 Euro durch die Windpark-Betreiber HessenEnergie und Bürgerwind Ulrichstein zog der Nabu-Landesverband seine Klage zurück. Das Geld wird zum Wohle des Rotmilans in einem Naturschutzfonds verwaltet. Eine halbe Million Euro aus einer Initiative zu pressen, deren ökologischer Nutzen und deren enorme Wertschöpfung vor Ort unbestritten sind, ist allein schon eine Leistung.

Fast schamhaft verschweigt der Nabu bis heute auf seiner Homepage die finanzielle Kragenweite seines Verzichts auf die Klage. Stattdessen sorgt er sich zynisch darum, in Zukunft doch besser „unnötige Investitionsruinen“ bei Windkraftprojekten zu vermeiden. Lieber wird die Richtigkeit betont, „dass hier eine außergerichtliche Einigung gesucht und gefunden wurde, die den Weiterbetrieb der Anlagen und gleichzeitig Verbesserungen für den Schutz der biologischen Vielfalt in der Region ermöglichen soll“.

Fatale Botschaft: Naturschutz gegen die Energiewende ausspielen

Kein Wort dazu, dass natürlich Naturschutzmaßnahmen fester Bestandteil auch dieses Windparkprojekts waren und sind. Neu angelegte Teiche und Verbesserungen an bestehenden Gewässern in Feldatal und Romrod dienen der Lebensqualität des vor Ort angesiedelten Schwarzstorches. Kostenpunkt: 200 000 Euro.

Viel schlimmer aber ist die Pionierarbeit des Nabu für potenzielle Trittbrettfahrer im Namen des Artenschutzes. Denn die Botschaft an seine Regionalverbände ist klar: Eine Windenergieanlage ist demnach kein Beitrag gegen den Klimawandel und für bessere Lebensbedingungen von Mensch und Tier, sondern vor allem eine potenzielle Einnahmequelle für Programme des Nabu. Anders gesagt: Aktiver Naturschutz wird ab sofort durch Verzögerung und Blockade der Energiewende erreicht und in sechsstelligen Eurosummen gemessen. Aber nein, sagt der Nabu im Februar 2013: Der Vorwurf, Wegezoll für Windräder zu verlangen, sei ebenso absurd wie die Anschuldigung, er wolle ein Geschäftsmodell für Ausgleichszahlungen entwickeln

Es ist uns nicht ganz klar, was der Nabu unter „absurd“ versteht.

Verstanden hat aber offenbar ein anderer hessischer Nabu-Kreisverband die Vorlage seines Landesverbandes. So lässt der Vorsitzende der Region Werra-Meißner sich in Medien zitieren, er wolle grundsätzlich auch bei kleinen Windparks Hunderttausende von Euro für Umweltstiftungen abzweigen. Gegen die Zusage, auf Klagen zu verzichten.

>>> Der Journalist Jakob Schlandt hat den Fall für Frankfurter Rundschau und Berliner Zeitung aufgegriffen: „Wegezoll für Windräder„, Frankfurter Rundschau vom 16. Februar 2013.

 

Mehr zum Thema Naturschutzverbände

>>>  Missbrauch von Weißstörchen in Stemwede
>>>  Wie die ABU die Energiewende in der Hellwegbörde aufhält
>>>  Bremsen und boykottieren: Nabu NRW pfeift auf gemeinsame Artenschutzerklärung
>>>  Wenn Verbandssprecher sich wie Gossenjungen äußern