Niederrheinische Kommune buddelt vergeblich gegen die Energiewende

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Für die Wahrheit lohnt es sich, ab und an in die Tiefe zu gehen. Im Erdreich des niederrheinischen Elsdorf zum Beispiel finden sich obskure Verhinderungsstrategien der Stadtverwaltung in Sachen Windenergie.
Mehr als ein Jahr lang ärgerte das Elsdorfer Rathaus den Projektentwickler einer Windenergieanlage im Nachbarort Niederzier. Der kürzeste Weg von der Windmühle zur nächsten Einspeisestelle in das Stromnetz führt über die Gemeindegrenze (und Landkreisgrenze) nach Elsdorf. Die dortige Behörde unterzeichnete einfach den nötigen Vertrag nicht, der für das Verlegen der Kabel durch zwei städtische Flächen nötig war.

Der städtischen Schikane zum Trotz verlegte der Anlagenbauer sein Stromkabel kurzerhand in einer Tiefe von 4,10 Metern zur Anschlussstelle. Das blieb der Kommune Elsdorf nicht lange verborgen, die zum Spaten griff und nun an zwei Stellen nach dem unliebsamen Kabelwurm buddeln ließ.

Höchste Zeit, den Konflikt gerichtlich regeln zu lassen. So sehr Elsdorfs Stadtverwaltung sich auch zeitweise aufplusterte, so schnell kniff sie schließlich vor unabhängiger Stelle den Schwanz ein.

Wirre Geschichten: Das Kabel im Kies sei ohne Ummantelung verlegt

Es blieb schlicht nichts übrig von den Rechtspositionen der Kommune. Schon der Anschluss der Windmühle an den Elsdorfer Verknüpfungspunkt war vom Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf als rechtmäßig festgestellt worden. Das Landgericht (LG) Köln erinnerte nun zudem daran, dass das Zugriffsrecht von Grundstückseigentümern ab einer Tiefe von 4 Metern ende. Es sei denn, das Kabel sei unsachgemäß verlegt und stelle ein Sicherheitsrisiko dar – wie die Stadt Elsdorf glauben machen wollte.

Mit Frechheit sind diese aktenkundig gewordenen Vorwürfe gegen die Windenergie-Planer nur unzureichend beschrieben. Denn das Landgericht Köln zitiert aus einer eidesstattlichen Versicherung des Bürgermeisters, die das Stromkabel als Gefahr brandmarkte. Es sei unbekannt, ob die Kabelanlage dem Druck standhalte, der von dem Wirtschaftsweg ausgehe, heißt es dort. Ferner trompetete das Stadtoberhaupt, die beanstandeten Kabelbäume seien „lose verlegt in feuchtem Kiesuntergrund“, weder mit einem Schutz gegen Bodendruck oder Überspannung ausgestattet.

Fachgutachten? Wofür Fachgutachen?

Ganz dünnes Eis, zumal Elsdorf diese schweren Vorwürfe mit keinerlei Fachgutachten stützen konnte – oder wollte.
Wie auch? Die Netzbetreiberin prüfte die Leitung auf Herz und Nieren und vergab Bestnoten. Und dies ohne Beanstandung oder auch nur einen klitzekleinen Hinweis, dass die testweise aufgeschaltete Stromspannung zu Problemen führe.

Doch der Peinlichkeit nicht genug. Schließlich muss der eidesstattlich versichernde Bürgermeister sich auch noch die Frage gefallen lassen, ob er einen Röntgenblick hat. Denn das scheinbar „lose verlegte“ und scheinbar ohne Ummantelung ausgestattete Kabel konnte bei den Grabungsarbeiten der Stadt so überhaupt nicht zu sehen gewesen sein. Aus dem ebenso einfachen wie guten Grund, dass Erdleitungen in ein so genanntes Leerrohr gehören, natürlich aus Sicherheits- und Schutzgründen. Und so ein Kabelkanal findet sich natürlich auch im Boden von Niederzier und Elsdorf.

Eidesstattliche Versicherung des Bürgermeisters „nicht hinreichend glaubhaft“

Allen Möchtegern-Verhinderern von Windenergieprojekten sei geraten, von eidesstattlichen Versicherungen dieser Art tunlichst abzulassen. Die Gefahr, an Eides statt der Lüge überführt zu werden, ist einfach zu groß. Oder wie will man sich vor Gericht herausreden, ordnungsgemäß verrohrte Leitungen „lose in der Erde verlegt“ vorgefunden zu haben: mit einem defekten Röntgenblick?

Das Landgericht Köln findet freilich für solche hanebüchenen Behauptungen vornehmere Ausdrücke: Die Stadt Elsdorf habe ihre Sicherheitsbedenken gegen die Qualität des Kabels „nicht hinreichend glaubhaft gemacht“.

Wie ist es also um die Wahrheitsliebe der Elsdorfer Verwaltung unter der Oberfläche bestellt? Nicht gut.

Denn bei dem hier geschilderten Fall handelt es sich nur um einen von mehreren Versuchen Elsdorfs, den Siegeszug der regenerativen Energien im rheinischen Braunkohlerevier aufzuhalten. Das Oberverwaltungsgericht Münster hat der Kommune Elsdorf bereits 2011 eine Verhinderungstaktik vorgeworfen, als sie gegen zwei genehmigte Windenergieanlagen auf eigenem Gebiet im Ortsteil Niederembt gerichtlich vorgegangen war.

Zwischen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung der Windenergieanlage in Niederzier (6/2012) und dem gerichtlichen Fiasko der Stadt Elsdorf (8/2013) liegen knapp 14 Monate. Und wieder muss die Allgemeinheit für Gerichtskosten aufkommen, die eine Blockadekommune wie Elsdorf willkürlich provoziert.

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt und dahinter etwa die Pflege des traditionell guten „nachbarschaftlichen Verhältnisses“ der Stadt zum wichtigen Gewerbesteuerzahler RWE / Power vermutet.

>>> Der Beschluss des Landgerichts Köln ist hier nachzulesen.