Immer neue Brennelemente für AKWs. Ein neues Windrad pro Bundesland und Jahr in Deutschland. Die SPD macht ernst mit der Energiewende.

Energieromantik wie aus dem Poesiealbum der SPD: Atom und Erneuerbare in friedlicher Koexistenz. (Quelle: engie-electrabel.be, Montage: WindkraftSatire.de)

Berlin. Ist dies das Paradies, der Öko-Himmel auf Erden? Das Bundesumweltministerium hat einen Gesetzentwurf ins Kabinett eingebracht, mit dem 2017 zum Jahr der „unumkehrbaren und vollständigen Energiewende“ ausgerufen werden soll. Den Systemwechsel von Atom und Kohle hin zu 100 Prozent Wind, Wasser und Sonne werde Deutschland zunächst mit der kostenlosen Verteilung von Atemschutzmasken und Jodtabletten an die Bevölkerung feiern, so Bundesumweltministerin Barbara Hendricks.

„Es sind nur kleine Geschenke an alle“, so Hendricks (SPD), „dafür aber wirkungsvolle!“ Der Zufallsgenerator wählte zunächst die Städteregionen Aachen-Köln für die milden Gaben aus. Dorthin gehen die ersten Tausend Tonnen Jodtabletten. „Die sind gut bekömmlich, schmecken köstlich und haben zudem eine positive Wirkung auf die Schilddrüse“, schwärmt Hendricks.[1]

Formschöne Brennelemente fürs unkaputtbare Tihange

Als Sponsor für die Wunderpillen konnte das Bundesumweltministerium das belgische Vorzeige-Unternehmen Electrabel gewinnen. In der Electrabel-Etage arbeiten nicht nur Energie-Profis, nein, Zauberer! Denn sie schaffen es Jahr für Jahr, im grenznahen Tihange ein marodes Atomkraftwerk zu betreiben, obwohl die Behälter der drei Druckwasserreaktoren von Tausenden Rissen durchzogen sind. „Das ist sooo großartig und mutig“, sagt Hendricks bewundernd, „bei uns im Wunderland der ökologischen Energien aber leider etwas aus der Mode.“

Dem Jodtabletten-Sponsor Electrabel dankt eine Unterabteilung des Hendricks-Ministeriums auf besondere Weise. Das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) lässt im niedersächsischen Lingen in Serie formschöne Brennelemente extra für Tihange herstellen.[2] „Electrabel hilft uns electrabelissimo mit Jodtabletten, und wir halten ihr Weltwunder der Technik in Tihange für alle Zeiten instand“, sagt Hobby-Denkmalschützerin Hendricks, die in ihrer Freizeit gerne Atomruinen restauriert.

Abschalten, ja! Beim Wandern mit einer Jodtablette auf der Zunge

Hendricks fühlt sich übrigens völlig falsch verstanden, als sie jüngst im Zusammenhang mit Tihange das Wort „abschalten“ verwendet habe. „Ich habe uns Ökopioniere in Deutschland aufgefordert, angesichts unserer rasanten Erfolge bei den Erneuerbaren innezuhalten, auch mal abzuschalten – mit einem Spaziergang von Aachen nach Tihange zum Beispiel. Dabei eine leckere Jodtablette auf der Zunge zergehen lassen – herrlich!“

Abschalten, aber auch durchatmen müsse erlaubt sein. Und dafür verschenkt Hendricks Designer-Atemschutzmasken des Modelabels RWE. Die ersten Prachtexemplare gehen an den Niederrhein, in die Lausitz und die Region Leipzig. Rein zufällig sind dies Deutschlands Braunkohlereviere. Hendricks lobt auch hier die Weitsicht der alten Energiekonzerne. „Für den Umstieg auf Erneuerbare tun Vattenfall und Co. das einzig Richtige: Sie verbrennen diesen nutzlosen und schädlichen Energieträger einfach.“ Damit sei die Kohle schnell und effizient aus der Welt.

Gabriels Ausschreibung ist weg – Ab sofort ein Windrad pro Jahr

Hendricks‘ kompromissloses Vorgehen umfasst natürlich auch den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Ihren Ministerkollegen und Parteifreund Sigmar Gabriel hat sie mangels Kompetenz ins Auswärtige Amt versetzen lassen. „Der hat mir als Wirtschaftsminister dauernd in die Energiepolitik hinein gepfuscht“, sagt Hendricks. Damit ist es nun vorbei. Hendricks hat soeben Gabriels viel kritisiertes Ausschreibungsmodell für Windenergie im neuen EEG kassiert. „Das versteht doch keiner!“ Neu ist nun: Jedes Bundesland bekommt ein Windrad pro Jahr zugeteilt. „Und das ohne Höhenbegrenzung, ohne Abstandsregelung zur Bebauung, ohne Rücksicht auf nörgelnde Bürgerinitiativen, ohne, ohne, ohne.“

Ohne Zweifel: Gerade beginnt ein Stern am Öko-Himmel zu strahlen – der von Barbara „Brennelemente“ Hendricks.

[1] Die Wahrheit ist bitterer als jede Pille: Wegen Tihange ist das Verteilen von Jodtabletten in Vorbereitung.
[2] Brennelemente von Urenco aus Lingen ermöglichen mit Genehmigung des „Bundesamtes für kerntechnische Entsorgungssicherheit“ (BfE) den regelmäßigen Nachschub für das marode AKW Tihange in Belgien. Hier der Bericht von tagesschau.de.

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