Rettung der Kirchturmpolitik? Der Kölner Dom wird aufgestockt, damit er weiter jedes Windrad überragt. Politiker wollen damit ihre uralten Versprechen halten. (Montage: Windkraft Satire)

Heiligsblechle-Stadt. Der Siegeszug der Windenergie löst jetzt auch einen Bauboom an Gotteshäusern aus. Bundesweit wollen Bürgermeister und Bischöfe Milliarden von Euro in den Ausbau der Kirchtürme stecken. Deren Höhe soll aktuellem Baurecht und modernen Windrädern angepasst werden.

„Wir reformieren unsere Kirchturmpolitik“, kündigt Borchens Bürgermeister Allerdissen in einer Reaktion auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Minden an. Dieses hatte im Oktober 2016 mit dem Flächennutzungsplan für Borchen (Ostwestfalen) auch gleich die 100-Meter-Höhenbegrenzung für Windräder gekippt.[1] Nach oben offene Politiker wie Allerdissen zeigen sich kreativ: „Lasset uns nun Glockentürme zu Wolkenkratzern machen.“

Eile ist geboten. Denn Dutzende Politiker in Deutschland hat das Urteil in Bedrängnis gebracht. Ihr Versprechen, Windräder nicht über Kirchturmhöhe zu genehmigen, war zwar immer schon Unfug, aber eben auch Gesetz. „Gesetze sind erneuerbar“, sagt die Potsdamer Politikern Annette Gottschalk (CDU) trotzig. „Doch auf mich ist Verlass.“ Ihr Satz aus dem Jahr 2012 habe trotz des Mindener Urteils Ewigkeitswert, weil er eine Prophezeiung sei: „Unser erster Blick ist der Kirchturm.“[2] Daher lädt Gottschalk in Kürze zum Spatenstich für ein himmlisches Projekt, den Versuchspark Babel 666 mit bis zu 400 Meter hohen Glockentürmen.

Nur Außenseiterchancen werden den Plänen von Franz-Peter Tebartz-van Elst eingeräumt. Der für seine Schwindelfreiheit berühmte Ex-Bischof von Limburg unterhält inzwischen ein Architektenbüro im Wolkenkuckucksheimer Exil. Goldene Elfenbeintürme sollen aber zunächst nicht aus Kirchen- und Einkommensteuern gefördert werden, heißt es aus Wirtschaftsministerium und Vatikan.

Die von den ewigen Höhenvergleichen zwischen Kirchen und Windrädern genervte Windenergiebranche zeigt sich versöhnlich. „Unsere Erfahrungen im Hochbau können für Sie äußerst nützlich sein“, heißt es in einem Schreiben, das einstigen Blockade-Politikern die Hand reichen soll. Schließlich stehe vor Ausbauprojekten wie dem Doppel-Dom (Köln) oder der Dreieinhalb-Frauenkirche (Dresden) immer noch der Nabu. Und diesem Naturschutzbund sei die notorische Klagefreude nur zu verderben, wenn rechtzeitig eine wirksame Flugverbotszone für nistende Turmfalken eingerichtet werde.

[1] Ein Medienbericht dazu steht hier
[2] Das Hohelied auf hohe Kirchen singt die Potsdamer Politikerin hier. In Stuttgart gibt es hingegen Kolleginnen wie die Grüne Ulrike Strom, die sich bei der Energiewende nicht so sehr „am Kirchturm orientieren“ wollen, wie hier zu lesen ist.

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