Die Schallentwicklung an Windrädern wird von Gegnern bis heute irreführend als Argument ins Feld geführt.

DSC_0658 (Kopie)Eines der schlechten, weil populistischen und verzerrenden Beispiele liefert die Bürgerinitiative „Windkraft mit Abstand“ aus Anzhausen und Flammersbach im Kreis Siegen-Wittgenstein (NRW). Sie arbeitet in ihrer Verhinderungsstrategie mit unhaltbaren Vergleichen. Erweckt wird der Eindruck, als wäre die Schallentwicklung eines fahrenden Zuges mit der einer Windenergieanlage gleichzusetzen.

Die Strategie ist klar: Die Geräuschentwicklung von durchrauschenden Zügen liegen uns im Ohr, weil wir sie sehr nah erleben. Wir stehen an Bahnsteigen bloß einen guten Meter von ICEs entfernt oder wohnen nah an Strecken, während Güterzüge vorbeifahren. Es entsteht Lärm, der uns unangenehm ist, wenn nicht gar unsere Gesundheit beeinträchtigt.

In dieses Bild passt den Windkraftgegnern natürlich gut ein Windrad, das eine ähnliche Geräuschentwicklung haben soll. Wo Rotoren von Windrädern sich ungedrosselt drehen, wird da suggeriert, donnerten also „ständig“, „permament“ Züge durch die Umgebung.

Allerdings passt dieses Bild nicht zur wissenschaftlichen Forschung. Die arbeitet – anders als solche Bürgerinititativen – nicht mit unhaltbaren Vereinfachungen. Schallpegel, Frequenzen, Hörbarkeitsschwelle – das sind Begriffe, die intensiv betrachtet werden wollen. „Windkraft mit Abstand“ unterlässt das. Es geht einzig um „Lautstärke“ und „Lärm“. Windenergie ist folglich nicht nur Schnellzug, sondern – viel schlimmer – angeblich auch noch „Rockkonzert“ und „Motocross-Rennen“.

Studien belegen Verträglichkeit der Windräder

Die breit dokumentierte Forschung weist für die in Frage kommenden Frequenzbereiche und Schalldruckpegel nach, dass der von Windenergieanlagen ausgehende Infraschall unterhalb der Hörbarkeitsschwelle des Menschen liegt. Selbst im Nachbereich (bis 250 Meter) der Anlagen. Töne unterhalb der Frequenz von 20 Hertz nehmen Menschen nur dann wahr, wenn der Schalldruck (Pegel/Lautstärke) oberhalb von 70 Dezibel liegt. Mit zunehmendem Abstand zur Bebauuung wird es immer unwahrscheinlicher, dass moderne Windräder zur allgemeinen, akzeptierten Geräuschkulisse überhaupt beitragen.

Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit durch den propagierten „Lärm“ sind somit auszuschließen. Selbst für den nicht zu hörenden Schall sind ausreichend Studien und daraus abgeleitete, einzuhaltende Werte vorhanden.

Bürgerinitiativen wie in Anzhausen aber reden unablässig und unverantwortlich Gefahren herbei, behaupten eine falsche Lärmbelastung und leiten daraus einen „angemessenen“ Mindestabstand in zehnfachem (!) Umfang der Anlagenhöhe ab. Diese Forderung steht in keinem Zusammenhang zur Realität.

Der Alltag lärmt, nicht die Windräder

Seriös sind dagegen die auf wissenschaftlicher Forschung basierenden Grenzwerte der Technischen Anleitung (TA) Lärm. Sie legen auch für nicht hörbaren, niederfrequenten Schall wie bei Windenergieanlagen Rahmenwerte fest. Diese Werte beinhalten Puffer, sodass auch sensible Menschen keine gesundheitsgefährdenden Folgen von niederfrequentem Schall zu fürchten haben.

Ein solcher Puffer ist der empfohlene Mindestabstand von 500 Metern zur Wohnbebauung – oder die eingeschränkte Betriebsdauer von Windrädern (nachts), falls erlaubte mittlere Schallpegel überschritten werden. Allerdings erreichen Windräder in relevanter Entfernung entsprechend hohe Schalldruckpegel in der Regel überhaupt nicht mehr. Sie erscheinen vernachlässigbar im Vergleich zu vielen anderen alltäglichen Geräuschquellen, die gesellschaftlich akzeptiert sind – wie der deutlich wahrnehmbare Innenlärm (hoher Schalldruckpegel) bei fahrenden Autos.

Bürgerinitiativen wie Anzhausen dagegen erklären das Zehnfache einer Anlagenhöhe zum „Mindestabstand“. Das zu behaupten ist ebenso absurd wie irreführend, werden dadurch doch für die Lärmentwicklung geltende Normen durch simple Behauptungen („angemessen“) einfach ersetzt. Tatsächlich leitet sich der hier geforderte Mindestabstand nicht aus der TA Lärm ab.

Angriff auf die Ausbauziele

Er ist eine willkürliche Festsetzung, wie sie etwa von der windenergie-feindlichen CSU in Bayern bekannt und mit der „Faktor 10“-Forderung (Abstand zur Wohnbebauung in zehnfacher Anlagenhöhe) dokumentiert ist. Sie hat ihren einzigen Grund in der leidigen „Windkraft ja, aber bitte nicht bei mir“-Haltung. Die ist bekanntermaßen unehrlich und durchsichtig. Experten wie Hilmar von Lojewski von der Bundesvereinigung kommunaler Spitzenverbände warnen bei einer Anhörung vor dem Umweltausschuss des Bundestags im Mai 2014 davor, dass die bayerische Initiative zu größeren Mindestabständen den Raum für Windenergie auf 1 % der Fläche Deutschlands begrenze. Damit werde nicht nur das Ziel Bayerns, bis 2021 etwa 6 % des Stroms aus Wind zu gewinnen, verfehlt. Auch seien die Ausbauziele der Bundesregierung so nicht zu halten, sagt Franz Josef Tigges vom Bundesverband WindEnergie.

Fazit

Wer Windenergie mit Schnellzug, Rockkonzert oder Motocross gleichsetzt, betreibt Volksverdummung. Wer daraus 2000 Meter Abstand zu Wohnbebauung wiederholt als „angemessenen Mindestabstand“ ableitet, weckt falsche Erwartungen, schürt Emotionen und will Windenergie an Land grundsätzlich verhindern.

Wem aber an der Wahrheit gelegen ist, der befasst sich besser mit der wissenschaftlichen Forschung.