Verstehe einer DIE WELT: Redakteur Daniel Wetzel versucht sich an einem einseitigen Kasperle-Theater um die Windkraft. Der Schuss geht nach hinten los. (Foto: Windkraft Satire)

Verstehe einer DIE WELT: Redakteur Daniel Wetzel versucht sich an einem einseitigen Kasperle-Theater um die Windkraft. Der Schuss geht nach hinten los. (Foto: Windkraft Satire)

Neulich in der Kindertagesstätte „Zum Stammtisch“. Der Theaterraum ist voll. Auftritt Märchenonkel Daniel Wetzel.

(Publikum applaudiert)
Wetzel: So, lieber Stammtisch, äh, verehrtes Publikum. Im Kasperletheater zeige ich euch heute meine Geschichte „Sturm auf die Windräder“.
(Publikum johlt)
Wetzel: Oder soll ich sie euch vorlesen, wie sie die Zeitung DIE WELT am 24. Juli 2016 gedruckt hat?[1]
(Publikum buht, deutliche Nein-Rufe sind zu hören)

Wetzel (lacht): Habe ich mir gedacht. Deswegen erzählt das Kasperle gleich die schöne Geschichte vom Widerstand gegen die bösen Windräder. Und kriegt dafür gleich mal ein kleines Windrad als Baseballschläger in die Hand.
(Publikum klatscht wie verrückt, großes Gelächter)

Wetzel: Da brauchen wir noch die Bösen. Wer will verprügelt werden?
(Publikum lacht. Ein Mann mit „100 % Erneuerbare“-T-Shirt meldet sich.)
Wetzel: Okay, komm. Du bist heute Sepp, der Depp.
(Kasperle und Sepp stehen sich im Kasperletheater gegenüber, die erste Bierflasche fliegt aus dem Publikum Richtung Sepp.)

(Das Theater beginnt)
Kasperle: Sepp, altes Windrad, du bist böse. Nimm dies.
Sepp: Aua!
(Publikum gröhlt, „Zugabe“-Rufe)

Sepp: Was habe ich denn getan?

Kasperle: Du entmündigst Städte auf dem Lande, weil du immer mehr Windräder bauen willst.
Sepp: Wer sagt das?
Kasperle: Na, zum Beispiel der Bürgermeister von Borchen in Ostwestfalen. Der hat 42 uralte Windräder und will keine neuen.
Sepp: Wieso nicht?
Kasperle: Seine Gemeinde habe mehr für die Energiewende getan als andere Kommunen. Die seien jetzt dran.
Sepp: Die Gemeinde hat doch gar nichts getan, nicht mal geplant. Etwas getan haben bloß die Betreiber der Windkraftanlagen.
Kasperle: Bist du ruhig, das steht nicht im Text.
Sepp: Aua!
(Gelächter im Publikum)
Sepp: Wohin soll ich denn dann mit meinen Windrädern, nach Ostfriesland?
Kasperle: Geht nicht.
Sepp: Warum nicht?
Kasperle: Schon voll.
(Publikum lacht)

Sepp: Baden-Württemberg?
Kasperle: Hat noch nicht so viele Windräder wie Ostfriesland, geht trotzdem nicht.
Sepp: Warum nicht?
Kasperle: Da ist der Wind eher lau.
Sepp: Schlechter als in Borchen?
Kasperle: Jawoll, da ist er gut.
(Publikum lacht)
Sepp: Also dürfen meine Windräder weder dorthin, wo guter Wind weht, wie in Borchen und Ostfriesland? Noch dorthin, wo weniger Wind weht?
Kasperle: Lenk nicht ab! (trifft ihn wieder mit dem Windrad-Baseballschläger)
Sepp: Aua!
(Publikum gröhlt)

Kasperle: Außerdem bist du böse, weil du Stadtwerke verführst, Geld in Windrad-Projekte zu stecken.
Sepp: Was ist schlecht daran?
Kasperle: Die sollen das nicht dürfen.
Sepp: Hä?
Kasperle: Kein städtisches Geld für privatwirtschaftliche Zwecke! Dient keinem öffentlichen Zweck und ist nicht verhältnismäßig.
Sepp: Also kein Geld für Stromversorgung durch Erneuerbare. Wofür dann?
Kasperle: Mir wurscht, von mir aus in Wertpapieren anlegen.
Sepp: An der Börse? Da, wo die Aktien von RWE und so vergammeln?
Kasperle: Ist das jetzt wichtig?
Sepp: In die Wertpapiere von RWE haben viele Städte und Gemeinden ihr Geld gesteckt. In Baden-Württemberg sitzt sogar das ganze Land mit am Tisch von EnBW. Jedes Jahr gab’s einen dicken Scheck zurück, weil die so schönen Strom aus Atom und Kohle gemacht und verkauft haben. Blöd für die und für dich, dass das inzwischen vorbei ist.
Kasperle: Versteh ich nicht.

Sepp: Keiner will mehr deren dreckigen Strom, und Windräder haben die Energieriesen immer abgelehnt. RWE macht Schulden. Und muss seine Aktien umbenennen.
Kasperle: In was?
Sepp: In Nichts-wert-Papiere.
(Erste zögerliche Lacher im Publikum)

Sepp: Ich als klamme Kommune würde vor Wut in ein Kohlebrikett beißen, wenn mein Geld in den Nichts-wert-Papieren von RWE jetzt nichts mehr abwirft. Und, Kasperle …
Kasperle: Was?
Sepp: Und du behauptest ernsthaft, Beteiligungen an Windparks seien kein „öffentlicher Zweck“ und „unverhältnismäßig“?
(Publikum beginnt zu murren, Zwischenrufe: „Das wussten wir ja gar nicht“)

Kasperle: Na, warte! (holt aus)
Sepp: Warte!

Kasperle: Was noch?
Sepp: Landschaft!
Kasperle: Weiß ich, machst du kaputt!
(Publikum buht nur noch mäßig)
Sepp: Ich mache Stromproduktion sichtbar.
(Publikum macht „hä?“)
Kasperle: Red kein Blech.
Sepp: Hör zu. Dein Strom aus Atom wird doch nur auf dem MRT sichtbar, wenn’s zu spät ist und du einen Tumor bekommst. Kannst ja gerne in die Nähe eines Zwischenlagers ziehen oder gleich Nachbar eines AKW werden.
Kasperle: Atom ist bald out, das zählt nicht länger.
Sepp: Bis auf die Jahrtausende, die der Atommüll noch so schön strahlt. Wie wär’s mit Landschaft und Kohle?
Kasperle: Was soll damit sein?
Sepp: Fahr mal in ein Braunkohle-Abbaugebiet. Oder guck dir die Bergsenkungen in den Steinkohlerevieren an, die Ewigkeitskosten in den Bilanzen. Nicht zu vergessen, wie fossile Energieträger das Klima töten. Es ist dein Old-School-Strom, der Natur und Landschaften zerstört.
(Applaus im Publikum)

Sepp: So. Vielleicht möchtest du ja jetzt mal weniger einseitig über die Verhinderungsplanung von Bürgermeistern und Kommunen sprechen und schreiben, über die bigotten „Windkraft ja, aber nicht hier“-Sager oder über …
Wetzel (tritt vor das Kasperletheater, wütend): Hey, Mann, das ist nicht mehr meine Geschichte!
Sepp: (lacht freundlich) Natürlich nicht. Denk halt nach, bevor du das nächste Mal dem Stammtisch nach dem Mund schreibst. Auch auf die Gefahr hin, dass es dann nicht in der WELT erscheint. Und dann leider auch nicht bei uns, bei Windkraftsatire.de!
(Vorhang geht langsam zu, Wetzels Mund bleibt offen)

ENDE

[1] Der Welt-Artikel von Daniel Wetzel steht hier

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