Gesetz verdonnert Windkraftgegner dazu, künftig in mobilen Eigenheimen auf Sicherheitsabstand zu Windrädern zu leben

Das nennt sich konsequent: Die Freidemokraten in Nordrhein-Westfalen wollen ausgewiesene Windkraftgegner dauerhaft in mobilen Eigenheimen unterbringen. Ein entsprechendes Gesetz soll sicherstellen, dass Querulanten wie der Paderborner Hubertus Nolte künftig mit ihren beweglichen Wohngebäuden einen Sicherheitsabstand von mindestens 1500 Metern zu unschuldigen Windrädern einhalten.

In Mobile Homes sollen Windkraftgegner künftig leben müssen. So können sie auch den wirrsten Abstand zu Windrädern einhalten.
So bleiben Windkraftgegner beweglich: In Mobile Homes können sie jeden beliebigen und irren Abstand zu Windrädern einhalten. Die FDP will diese Heime für Querulanten nun verbindlich festschreiben. (Foto: © Graham Hobster auf Pixabay, Karikatur: Heinrich Schwarze-Blanke, HSB-Cartoon)

Als selbstfahrende Wohnmobile entfernen die smarten Behausungen sich automatisch auf den korrekten Abstand, sollte in ihrer Umgebung ein neuer Windpark entstehen. So genannte Mobile Homes sind in den USA seit Jahrzehnten etabliert, bieten den Standard eines Bungalows, können aber umgesetzt werden. Vorteil: Ist die Abstandsregelung zwischen Windrädern und Wohnbebauung noch so irre – 1500, 2000 oder 3000 Meter -, die Windkraftgegner rollen einfach weiter. Für NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP), der trotz nachgewiesener Unfähigkeit (Windkraft Satire berichtete) noch immer die Energiepolitik in Nordrhein-Westfalen verantwortet, ist es eine Win-Win-Situation. Mit der Gesetzesinitiative rettet er über Umwege seine symbolpolitische 1500-Meter-Marke, die vor dem Oberverwaltungsericht (OVG) rechtlich kaum zu halten sein wird.[1] Und weiter befriedet es jene Wählerklientel, der er sein Regierungsamt verdankt: die Wutbürger – das gammelfleischgewordene Gegenstück zu den jugendlichen „Fridays for future“-Klimarettern.

Pinkwart ist Schauermärchen über die Energiewende leid

Die Idee für mobile Eigenheime für Windkraftwütige kam Pinkwart während einer Sachverständigen-Anhörung des Landtagsausschusses für Wirtschaft, Energie und Landesplanung zum Entwurf des neuen Landesentwicklungsplans am 15. Mai 2019 im Düsseldorfer Landtag.[2] Hier hatte er einen seiner wenigen lichten Momente. „Wir müssen die Bringeschuld umkehren“, sagte Pinkwart in Richtung des irrtümlich geladenen Hubertus Nolte vom Paderborner Regionalbündnis Windvernunft. „Die 1500-Meter-Abstandsregelung ist nicht von Windrädern, sondern von Bürgerinnen und Bürgern einzuhalten, die die Energiewende ständig durch neue Schauermärchen behindern.“

Nolte gewinnt Redezeit im Landtag bei Tombola im AKW Tihange

Genau für solch ein Märchen hatte Hubertus Nolte seine Redezeit als Sachverständiger, die er bei einer Tombola im belgischen Atomkraftwerk Tihange gewonnen hatte, missbraucht. Nolte fantasierte, dass die Schützen rund um Paderborn vor lauter Fördergeldern aus Energiestiftungen „nicht mehr wissen, ob sie grüne oder rote Uniformen tragen sollen, weil sie letztes Jahr schon blaue bekommen haben“.[3] Selbst eine Altbatterie wie Pinkwart schaltete blitzschnell und erkannte Noltes Einlassung als durchsichtigen Versuch, die Unterstützung bürgerschaftlichen Engagements durch Energiestiftungen als „Nebelkerzen“ diskreditieren zu wollen. Zur Strafe wurde Hubertus Nolte in einem ersten Schritt der Wechsel zu einem Ökostromanbieter der Region auferlegt. Strafverschärfend muss er alle positiven Folgen für das Klima, den Naturschutz und die Stärkung des Ehrenamts vor Ort aushalten und fein säuberlich in sein von RWE gesponsertes Poesiealbum eintragen. Einmal im Quartal hat er Pinkwart das Heftchen zur Kontrolle vorzulegen.

Wirren Windkraftwiderstand aufgegeben: Nolte zieht „als Erster ins mobile Heim“

Nolte hat seinen wirren Widerstand gegen die Windenergie inzwischen aufgegeben und Besserung gelobt. „Ich bin nun wirklich zur Windvernunft gekommen“, sagte er im Landtag, „und werde freiwillig als Erster in ein mobiles Heim ziehen.“ Er habe einfach viel zu lange in beruflichen Zusammenhängen arbeiten müssen, die von „Neid und Gier“[4] geprägt waren. Das habe seine Sinne vernebelt und Verfolgungswahn bei ihm ausgelöst. Nie wieder werde er peinlich herausposaunen, im Karstboden des Paderborner Landes würden Windräder auf „Schweizer Käse“[5] gebaut. Darum versprach Hubertus Nolte auch, sich selbst ein Moratorium aufzuerlegen: Erst wenn der letzte atomare Brennstab ausgestrahlt hat, der letzte Braunkohlemeiler vom Netz genommen und die Erderwärmung gestoppt ist, werde er sich wieder zum Thema Erneuerbare Energien äußern.

Minister Pinkwart klatscht angesichts Noltes Erleuchtung noch immer begeistert in die Hände. Durch den Coup, Windkraftgegner auf beruhigendem Abstand zu Windrädern zu halten, wahrt er sein Gesicht. Einer anderen Wählerklientel muss er bloß noch beibringen, dass sie zur Finanzierung der mobilen Eigenheime zur Kasse gebeten wird: Das Geld für die 1500-Meter-Häuser kommt aus der Rücknahme des ermäßigten Steuersatzes für Hotelübernachtungen, was 2010 ein FDP-Geschenk an die Hoteliers war.[6] Diese sollen im Gegenzug aber mobile Eigenheime auf Parkplatzflächen und in Tiefgaragen vermieten dürfen.

[1] Zur 1500-Meter-Abstandsregelung sagt Prof. Dr. Klaus Joachim Grigoleit (Landesverband Erneuerbare Energien NRW) bei der Sachverständigenanhörung im Düsseldorfer Landtag: „[…]das ist einer Koalition, die sich gerade die Rechtsstaatlichkeit ganz besonders auf die Fahnen geschrieben hat, nicht würdig. Es gibt keinen guten Grund, diese 1.500-m-Abstandsregelung als Monstranz vor sich her zu tragen, weil man es irgendwann mal im Koalitionsvertrag so geregelt hat, und gegen alles bessere juristische Wissen einfach durchzusetzen will, weil es halt ein paar Jahre dauert, bis das OVG entschieden hat. Das ist nicht in Ordnung.“ (Siehe S. 54/55)

[2] Das Protokoll der Ausschusssitzung ist hier hinterlegt.

[3] Nachzulesen hier auf Seite 88.

[4] Nachzulesen hier auf Seite 89.

[5] Nachzulesen hier auf Seite 88.

[6] Den ermäßigten Steuersatz abzuschaffen ist auch im Kabinett Merkel IV wieder ein Thema, hier nachzulesen.

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